Das Get-together vom KulturNetzKöln

Am 16.06.2022 fand im Depot 1 des Schauspiel Köln das erste, spartenübergreifende Netzwerktreffen der Freien Kulturszene Köln statt.

Die Begrüßungsrede wurde gehalten von Bettina Fischer, Leiterin vom Literaturhaus Köln und Mitglied des geschäftsführenden Vorstands vom KulturNetzKöln. Die gesamte Rede findet ihr hier:

Herzlich Willkommen im Namen des KulturNetzKöln!

Ich möchte mit dem herzlichen Dank ans Schauspiel Köln beginnen, dass wir uns hier in Mülheim treffen können und ebenso einen herzlichen Dank dem Kulturamt Köln, der Stadt Köln für die finanzielle Ermöglichung dieses Zusammenkommens.

Das KulturNetzKöln ist die spartenübergreifende Interessenvertretung der freien Szene – und weil das so ist, hatten wir das Bedürfnis hier Vertreter*innen aus allen Sparten zusammenzubringen. Das KulturNetzKöln ist von dem Gedanken getragen, dass uns – Künstler*innen, Kulturschaffende, Kulturvermittler*innen der verschiedenen Sparten – viele Ziele und Interessen verbinden. Diese gilt es gemeinsam zu ermitteln, zu formulieren und natürlich auch zu übermitteln und durchzusetzen!

Wir werden häufiger gefragt, was das KulturNetzKöln eigentlich ist – insbesondere da die verschiedenen Kunstsparten ihre „eigenen“ Interessenvertretung in Köln haben. Den Grund habe ich eben genannt: Jede Kunstsparte hat ihre eigenen Bedingungen – aber sieht man genau hin, ähneln sich viele unserer Probleme, sind Varianten, und könnten mit vergleichbaren Problemlösungen verbessert werden – da lohnt es sich, sich auch außerhalb der eigenen Sparte zusammenzutun!

Deshalb haben wir 2020 diesen Verein gegründet (der auf dem KulturNetz beruht, das bereits 2004 ins Leben gerufen wurde – damals ohne feste Struktur).

Im KulturNetzKöln wollen wir mit starker und geeinter Stimme über eben jene NICHT-SPARTENSPEZIFISCHEN Probleme sprechen, wollen als Gegenüber von Kulturpolitik UND Kulturverwaltung zu unser aller Nutzen die Interessen und verbindenden Themen der freien Szene formulieren.

Dabei fordern wir grundsätzlich, bereits an der Entwicklung der Problemlösungen, den Entscheidungsfindungen beteiligt zu sein – und neben der Teilhabe wünschen wir uns eine verstärkte Wahrnehmung welch bedeutende Rolle wir alle gemeinsam, die FREIE SZENE, für unsere Stadt-gesellschaft spielen. Eine Rolle, deren Bedeutung sich eben auch im Umgang mit unserer Arbeit und deren Hindernissen und Förderungen spiegeln sollte!

Wir haben eindeutig eine sehr große Kompetenz in Sachen Kulturarbeit! Fragen der Kunst- und Kulturförderung sollten deshalb generell von der Perspektive der Künstler*innen ausgehen, dabei allerdings auch die Vermittlungsperspektive einbeziehen und diejenigen nicht vergessen, an die wir uns wenden.

Unsere acht Sparten, wir nennen sie „Sektionen“, und ihre Vertreter*innen stellen sich zum Abschluss kurz vor – damit auch alle hier wissen, an wen sie sich im Anschluss wenden können.

Im übrigen sind wir auch grundsätzlich sehr daran interessiert, als Verein zu wachsen: Also werdet, werden Sie Mitglied, damit wir umso besser ins Gespräch kommen können.

Das war das Vorspiel – aber nun soll es konkrete Hinweise zu unseren spartenübergreifenden Themen und Thesen geben. Damit es nicht ausufert geschieht dies in Stichworten – zumal wir gerade ein „Papier“ hierzu formulieren – dies ist also quasi eine Sneakpreview.

Fangen wir mit der letzten Zeit an. Einige unserer Erkenntnisse beziehen wir aus den letzten zweieinhalb Jahren. Sie waren, bedingt durch die Corona-Pandemie, eine schwierige Zeit (auch) für die freie Kulturszene.

(Und im übrigen leiden viele ja noch immer unter den Folgen, nicht nur wegen erneut steigender Infektionszahlen, sondern wegen der weiterhin zögerlichen Besuche von Kulturveranstaltungen.)

Überstanden haben viele von uns die letzte Zeit nur durch die Unterstützung der öffentlichen Hand. Ausdrücklich möchten auch wir die Maßnahmen loben, die Verwaltung und Politik zur Stützung der Kultur veranlasst haben! Auch haben wir den Eindruck, dass die Bereitschaft zum Austausch mit den Akteur*innen der freien Szene gewachsen ist – was wir sehr begrüßen!

Es hat sich gezeigt, dass einige der Corona-Maßnahmen auch zukünftig positive Effekte für die freie Kultur haben können. Beispiele

Viele neue Fördermöglichkeiten waren plötzlich niedrigschwellig und unbürokratisch. Dieser Ansatz muss beibehalten und ausgebaut werden. Entbürokratisierung ist und bleibt ein zentrales Anliegen – sicherlich für unser aller Arbeit!

Die Pandemie hat erschreckend deutlich gemacht, in welch prekären Arbeitsverhältnissen viele Künstler*innen leben. Diese Erkenntnis darf nicht verloren gehen, sondern muss Anlass sein, jetzt grundsätzlich über die Situation der freien Künstler*innen zu diskutieren und tragfähige Fördermodelle inkl. sozialer Absicherung für die Zukunft zu entwickeln.

Die Abkehr von rein projektorientierter Förderung hin zu einem Modell, dass auch und verstärkt die Prozesse der Arbeit fördert, ist da ein Baustein: Rechercheförderung, Projektdokumentation, Künstler*innen-Stipendien u.ä. seien hier als Beispiele genannt. Dieser Ansatz der Förderung sollte ausgebaut und verstetigt werden

Existentiell wichtig in der Anfangsphase der Pandemie war die Überjährigkeit der Förderung. Diese Möglichkeit sollte auch weiterhin gegeben sein und wäre kostenneutral. Die Stadt Köln sollte sich hierfür beim Land NRW stark machen.

Die Absenkung des Eigenanteils von 10% auf 5% war ein Schritt in die richtige Richtung und sollte unbedingt beibehalten werden, mit dem Ziel, mittelfristig ganz auf den verpflichtenden Eigenanteil zu verzichten.

Fördermodelle im Bereich der Digitalisierung waren wichtig und haben zum Teil –über die Pandemie hinaus – das künstlerische Schaffen erweitert. Solche Fördertöpfe muss es auch in Zukunft immer wieder geben, um mit dem technischen Fortschritt Schritt halten zu können.

Aber natürlich denken wir auch jenseits unserer jüngsten Erfahrungen – wobei diese ja gezeigt haben, was möglich ist. Blättern wir hier den Katalog unserer Überlegungen und Forderungen weiter auf:

Erhöhung des Anteils der Förderung der freien Kunst- und Kulturszene am Kulturetat auf 20% bis 2030,

Förderkonzepte sollten spartenspezifisch gedacht werden und bedürfen nicht zwingend einer Harmonisierung,

Wir propagieren auch ein spartenübergreifendes Förderkonzept – ganz im Sinne der Arbeit des KNK!

Wir unterstützen die Einrichtung von mehr Transparenz in Vergabeverfahren,

In der Kulturverwaltung müssen die erforderlichen personellen Voraussetzungen für die Stärkung der freien Kunst- und Kulturszene und den Ausbau ihrer Förderung geschaffen werden – damit Maßnahmen auch umgesetzt werden können,

Die Förderung von Kollaborationen, Netzwerken, interdisziplinären Prozessen und hybriden Projekten zwischen Kunst/ Kultur, Wirtschaft/ Technik und Wissenschaft sollten gestärkt werden,

Forderung nach städtischer Komplementärfinanzierung für europäische und bundesweite Projekte der freien Szene

Viele dieser Punkte beziehen sich naturgemäß auf die Fragen der Finanzierung und Förderung. Aber natürlich denken auch wir die Kulturentwicklung der Stadt in viele Richtungen und wünsche uns in diesen Prozessen Unterstützung.

So fordern wir, die überregionale und internationale Sichtbarkeit der Kölner Szene mehr herauszustreichen und auch die freie Szene als internationalen Akteur, als Kooperations- und Koproduktionspartner stärker zu unterstützen.

Das Thema Räume ist für alle Kunstsparten von zentraler Bedeutung – ob als Produktions-, Proben- oder Auftrittsort. Kultur ist ohne Räume nicht zu denken und häufig genug zeigen sich gerade bei diesem Thema die Problemlagen unserer Arbeit.

In diesem Zusammenhang möchten wir unserer Freude Ausdruck geben, dass die Vorlage fürs Kulturraummanagement im Kulturausschuss nun beschlossen wurde – vorbehaltlich der Entscheidung der Ratssitzung. Eine sehr erfreuliche Bewegung auf diesem schwierigen Feld!

Ein Stichwort das in unserer Arbeit besonderen Stellenwert hat, ist die bereits erwähnte Partizipation – die wir nur deshalb an das Ende dieses Stichwortkatalogs stellen, weil sie so wichtig für uns, unsere Arbeit und unsere Prozesse ist.

Folgende Überlegungen seien in den Raum gestellt, damit wir „die Partizipation“ mit noch mehr Leben erfüllen können. Die Teilhabe ist schließlich der Prozess, in dem unsere Anliegen ernst genommen werden!

Etwa durch die Fortführung der Runden Tische der Kulturentwicklungsplanung zum Thema Partizipation

Ebenso auch zum Thema Diversität & Interkultur (wobei Diversität kein Ziel ist, sondern gesellschaftliche Realität und grundsätzlich sollte sich die Vielfalt der Gesellschaft in Programm, Personal, Publikum öffentlicher Kultureinrichtungen sowie offenen Zugängen auch zu Projekten und Organisationsformen der freien Szene widerspiegeln)

und zu den Visionen für die Kultur Köln im Jahr 2030

Wir wünschen erneut Spartenberichte sowie zusätzlich einen Bericht des KNK im Kulturausschuss

Wir wünschen den regelmäßigen Austausch mit den Kulturpolitischen Sprecher*innen zu den Themen, die im Kulturausschuss verhandelt werden, damit unsere Prioritäten und Perspektiven berücksichtigt werden,

Und fordern außerdem die Möglichkeit von Redebeiträgen im Kulturausschuss (auch ohne Rederecht)

Nun möchte ich mich fast für diese verdichtete Form entschuldigen – aber es liegt ja an uns allen, diese Stichworte mit Leben zu füllen, Leben, das der Kultur in Köln, den Künstler*innen und Kulturschaffenden auf produktive weise zu Gute kommt und damit auch unserer Stadt!

Kurz vor Schluss wollen wir den Bogen etwas weiter schlagen: Kommunale Kulturpolitik und Landeskulturpolitik sind miteinander verknüpft. Gerade steht zu befürchten, dass in NRW ein Rückschritt gegenüber den letzten Jahren gemacht wird. Wir fordern ausdrücklich, dass die Kultur ein eigenes Ministerium behält! Nachdem was man zuletzt lesen konnte, war die Kultur denjenigen, die die Koalitionsregierung in Düsseldorf aushandeln, gerade einmal 68 Worte wert. WIR sind MEHR wert und wollen ein eigenes Ministerium! Und wir wünschen uns die Kontinuität in der Besetzung dieses Ministeriums.

Auf wessen Mist sind nun diese Überlegungen gewachsen? Auf dem der Mitglieder unseres Vorstandes, die im Austausch mit den Akteur*innen der Szene stehen. Der Vorstand besteht aus einem 3köpfigen geschäftsführenden Vorstand, 8 Sektionen sowie zwei Diversitätsbeauftragten:

Bildende Kunst – Petra Gieler und Meryem Erkus

Film – Michael Aust und Marion Kranen

Literatur – Paula Döring und Larissa Bender

Offene Sektion – Jutta Unger und Aron Schmidt

Musik – derzeit allein Thomas Gläßer

Tanz – Barbara Fuchs und Sonia Franken

Theater – Stefan H. Kraft und Manuel Moser

Zeitgenössischer Zirkus – Tim Behren und Dominikus Moos

sowie zwei Diversitätsbeauftragten: Billie-Marie Wempe und Elissavet Hasse

Und – last but not least – der geschäftsführende Vorstand: Lale Konuk, Dietmar Kobboldt (Kobby) & mir (Bettina Fischer).

Ich danke den Kolleg*innen an dieser Stelle für die produktive Zusammenarbeit – und lade Sie, euch nun alle im Namen des KulturNetzKöln zu einem Imbiss – und Getränken ein, so lang unserer Etat reicht …

Im Foyer können Sie bei der Projektbörse Halt machen und wichtige und gute Projekte, Impulse und Initiativen unserer Stadt kennenlernen.

Lernen Sie vor allem einander besser kennen. Ziel und Motivation dieses Get-together.

Wir alle wünschen Ihnen und euch nun produktives Netzwerken und guten Austausch.

Gespräche sind auch eine Kunst – und wir alle beherrschen sie auf die eine oder andere Weise. Heute lassen wir also einmal diese Kunst sprechen!

Bild: Bettina Fischer | ©Kevin Wolf